Teil der Diplomarbeit "Kontextualisierungskonventionen im Internet Relay Chat" (Originalfassung, Stand 2003) von Alexandra Schepelmann
Grußsequenzen |
Grußsequenzen gehören zu den besonders chattypischen und wichtigen Aktivitäten – sie werden in vielen Channels geradezu zelebriert und teils mit großer Emphase versehen. Es ist nicht ungewöhnlich, Sequenzen wie den folgenden zu begegnen: (1) NickName1: hi NickName2 In der Literatur werden vielfältige Gründe dafür genannt, dass dieser
Aktivitätstyp in IRC eine so wichtige Rolle spielt. So meint Schulze (1999: 78)
participants often use greeting patterns (overt openings) to
demark a conscious effort towards group adhesion [.] Beispiele wie (1) sind Extremfälle, aber keineswegs selten. Zumeist aber folgen Grußsequenzen einem bestimmten Grundmuster, das an Datum (2) zu erkennen ist: (2) NickName1: hi NickName2 Gemäß diesem Grundmuster laufen die meisten Grußsequenzen ab. Sie bestehen also prototypischer Weise aus den folgenden Grundzügen: A: Gruß Inwieweit das Schema zur Anwendung kommt, ist einerseits von der Lebhaftigkeit der Interaktion abhängig, andererseits von Beliebtheit und Status des begrüßten Teilnehmers. Komplett ausgeführt wird das Schema vornehmlich dann, wenn der Gesprächsstoff gerade unergiebig ist oder der/ die Grüßende in das laufende Gespräch nicht eingebunden ist. Ist gerade eine rege Unterhaltung im Gange, wird dagegen oft nur gegrüßt – die Frage nach dem Befinden kann dann wegfallen. Wird doch nach dem Befinden gefragt, ist zumindest die Gegenfrage fakultativ (eine informelle Zählung ergab aber, dass in über 80% der Fälle, in denen eine Frage nach dem Befinden erfolgt war, auch eine Gegenfrage gestellt wurde). Der Grad der Emphase hängt u.a. von der Bekanntheit und dem Status des Neuankömmlings in der Gruppe ab. Bei der Betrachtung der Daten erweist sich, dass die Reaktionsrate der Frage nach dem Befinden auch mit der Anrede zu tun hat – wenn der Adressat unklar ist (z.B. weil nur wie gehts geäußert wird), kann es offensichtlich passieren, dass sich niemand angesprochen fühlt. Auch der gegensätzliche Fall ist möglich – dass mehrere Beteiligte die Frage auf sich beziehen und darauf reagieren. Auch wenn es sich dabei um ein Missverständnis handelt, weil tatsächlich nur ein bestimmter Interaktant angesprochen war (und nicht etwa die gesamte Gruppe), werden solche Fälle praktisch nie repariert – jemanden darauf aufmerksam zu machen, dass sein Befinden gar nicht Gegenstand des eigenen Interesses war, wäre auch eine gröbliche Missachtung des positive face des Betreffenden. So kann es u.U. dazu kommen, dass über mehrere Turns hinweg jede Äußerung eines Interaktanten von mehr als einer Person Reaktionen erhält.
© Alexandra Schepelmann 2002-2003
Teil der Diplomarbeit "Kontextualisierungskonventionen im Internet Relay Chat" (Originalfassung, Stand 2003) von Alexandra Schepelmann
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