Teil der Diplomarbeit "Kontextualisierungskonventionen im Internet Relay Chat" (Originalfassung, Stand 2003) von Alexandra Schepelmann

John J. Gumperz

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Quelle: [3.12.02]

Stephen Levinson (1997: 24) nennt Gumperz "the founding father of interactional sociolinguistics” und "one of the foundational spirits in the broader field of sociolinguistics itself”. Sein vielseitiges Werk in Anthropologie, Soziolinguistik und Diskursanalyse sowie ein praktizierter Methodenpluralismus erschweren eine Einordnung des gebürtigen Deutschen in eine einzelne Forschungstradition. Sein linguistisches Werk vereint Konzepte aus Pragmatik und Soziologie zu einer Sichtweise von Sprache als

a socially and culturally constructed symbol system that is used in ways that reflect macro-level social meanings (e.g. group identity, status differences) and create micro-level social meanings (i.e. what one is saying and doing at a moment in time).
Schiffrin 1994: 102

- kurz:

[T]he way we use language not only reflects our group-based identity but also provides continual indices as to who we are, what we want to communicate, and how we know how to do so.
ibid.

Diese Perspektive manifestiert sich bereits in den späten sechziger Jahren in wegweisenden Arbeiten über das Code-Switching – so geht etwa die grundlegende Unterscheidung zwischen situational und metaphorical code-switching auf ihn zurück (vgl. Schiffrin 1994: 98 ) –, eine Dekade später dann in der Entwicklung des "most comprehensive and coherent theoretical paradigm in interactional sociolinguistics: Gumperz' theory of conversational inference." (Tannen 1993: 4 )

Das Konzept der contextualization cues oder Kontextualisierungshinweise, ein Grundgedanke dieses Ansatzes und in Levinsons (1997: 25 ) Augen überhaupt "the central innovation in his analysis of discourse", entwickelte sich aus Gumperz' Feldforschung in Indien und Norwegen und späteren Untersuchungen zu interkultureller Kommunikation und den darin auftretenden Missverständnissen. Anhand seiner Analysen von Interaktionen zwischen Menschen verschiedener Hautfarben bzw. ethnischer Zugehörigkeit konnte er feststellen, dass ein Großteil der Missverständnisse zwischen Gesprächsteilnehmern, die unterschiedlichen (Mikro-)Kulturen angehören, nicht auf Grund von Verschiedenheiten in Syntax, Phonologie und Semantik – den traditionellen 'Zentralbereichen' der Sprache – zu Stande kommen, sondern durch unauffällige, kulturspezifische Abweichungen in Prosodie und Sprechrhythmus und die Wahl syntaktischer, phonetischer oder lexikalischer Alternativen. Eben diese unscheinbaren Elemente macht Gumperz als Kontextualisierungshinweise zum zentralen Aspekt seiner Kontextualisierungstheorie.


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© Alexandra Schepelmann 2002-2003

Teil der Diplomarbeit "Kontextualisierungskonventionen im Internet Relay Chat" (Originalfassung, Stand 2003) von Alexandra Schepelmann