Teil der Diplomarbeit "Kontextualisierungskonventionen im Internet Relay Chat" (Originalfassung, Stand 2003) von Alexandra Schepelmann
Situationsbezogene Rahmungen |
Innerhalb der Kategorie Sozialer Rahmen
finden wir neben der Gruppe von
Kontextualisierungshinweisen, die
personenbezogene Rahmen signalisieren können, auch solche, die auf
situationsbezogene Rahmen verweisen. So tragen verschiedene Strategien wie die
Wahl des Anredepronomens 'Du' und verschiedene
spielerische orthographische
Manipulationen zur Signalisierung eines informellen, entspannten
Gesprächsrahmens bei. Der häufige Einsatz von
Rezipienzsignalen kann neben der Inszenierung eines personenbezogenen
Rahmens der Solidarität auch eine Interaktion
als Erzählaktivität rahmen. Auch eine Form der Manipulation von Nicknames, die als
'expressive
Selbstcharakterisierung' bezeichnet werden kann (z.B. [VoLlTrAuRiG]Jordan),
kann Einfluss auf die Rahmung der Situation haben. Darüber hinaus sollen noch
zwei Typen von Rahmen hervorgehoben werden, die für IRC-Interaktion besonders
interessant sind: ein spielerischer Performance-Rahmen und die Rahmung von IRC
als modulierte Mündlichkeit (vgl. Rosenau 2001
Die Norm des SpielerischenDigital writing is inherently playful ... because the medium ...
invites participants to ... invoke the frame of "make-believe". ... When this frame
is operating, participants understand and accept the meta-message "this is
play". Dieses Zitat mit dem bewussten Echo von Batesons
Darlegung seines Frame-Begriffs unterstreicht
die Signifikanz des spielerischen Elements in computervermittelter
Kommunikation. Wenn diese auch mit Recht seit langem nicht mehr als ein Register
angesehen wird, so kann doch dieses konkrete Charakteristikum, die mit
sprachlichen Mitteln vorgenommene Rahmung der Interaktion als spielerisch, auch
in anderen Formen von computervermittelter Kommunikation beobachtet werden. So
schreibt etwa Georgakopoulou in Bezug auf den "playful, pastiche style" der
E-Mail-Kommunikation (1997: 147)
[T]he predictable, almost normative adherence to this suggests that it has turned into a conventionalized generic feature. As such, it forms the context within which activities on e-mail can and should be interpreted. Dieser "playful", "pastiche", "make-believe"-Rahmen, der von Georgakopoulou als konventionalisiert und von Danet et al. sogar als der computervermittelten Kommunikation inhärent angesehen wird, ist auch in meinen Daten deutlich zu beobachten. Der spielerische Umgang mit Konventionen anderer Medien scheint in vielen Formen von computervermittelter Kommunikation selbst zur Konvention und bis zu einem gewissen Grad zur Norm geworden zu sein – relevant im Sinne der Kontextualisierung ist infolgedessen eher die Abwesenheit dieses Rahmens als sein Vorhandensein. Danet et al. identifizieren in ihrer Analyse einer spielerischen IRC-Sequenz mehrere, gleichzeitig operierende Rahmen – in ihrer Terminologie mit dem "multitasking" am Computer vergleichbar –, die sie als ineinander verschachtelt ("nested") analysieren (s. Grafik). Im Rahmen des "IRC game", der durch das Einloggen des Teilnehmers in einen Chatkanal aktiviert wird, ist allerdings trotz des spielerischen Charakters eines Großteils der IRC-Interaktion Unernst kein Muss – just as there is no necessary pretense or "fooling around"
when people play chess. "Chess" is what they are doing. Any interaction made
possible by the constitutive rules, the commands of IRC, occurs by definition
within this frame. The content of the interaction may be playful, or it may be
serious, as when a group of scientists discuss their research on IRC.
Die "meta-message" dieses Rahmens ist laut den Autorinnen vielmehr "Anything may be said in this frame; participants enjoy reduced accountability if they choose to communicate in a playful mode" (ibid.). Um den spielerischen Faktor zu kontextualisieren, wird innerhalb des Rahmens 'IRC' ein Party-, Pretend Play- und/oder Performance-Rahmen geschaffen. Konkrete Formen von Kontextualisierungshinweisen, die dazu beitragen können, sind etwa Emoticons, die spielerische Manipulation von Nicknames, der kreative Einsatz von Farben - oft im Rahmen einer Performance - und die grammatische Form des Inflektiv, die vielleicht schon aufgrund der Tatsache, dass sie außerhalb der Chat-Kommunikation noch nicht allgemein verbreitet ist, fast immer eine spielerische Komponente hat. IRC als Modulation von Face-to-Face-InteraktionEinen etwas anderen Ansatz verfolgt Rosenau
(2001) in seiner interessanten Arbeit "Die Interaktionswirklichkeit des IRC"
Oszillation zwischen einem 'sich-anheimgeben' dem inneren
Rahmen der face-to-face-Interaktion sowie einem 'sich-bewußt-machen' des äußeren
Rahmens der Fern-Interaktion also dem Spannungsfeld zwischen primärem Rahmen und Modulation liegt nach Rosenau der Reiz dieser Kommunikationsform. Auch die Frage der Kontextualisierung in IRC behandelt der Autor in diesem Bezugsrahmen: Zur Aufrechterhaltung der Modulation müssen die Teilnehmer
stets beide Teilwelten – den inneren und den äußeren Rahmen der Modulation –
kontextualisieren, mündliche und schriftliche kommunikative Muster dienen ihnen
hierbei als Kontextualisierungshinweise. Konkret vermutet Rosenau, dass Emoticons/ Smileys
als Kontextualisierungshinweise
häufig "Fokuswechsel", Heruntermodulationen usw. zwischen innerem und äußerem
Rahmen signalisieren: "Durch sie [Emoticons] verdeutlichen sich die Teilnehmer
den spielerischen Umgang mit den Interaktionsrahmen." (ibid.: 13
© Alexandra Schepelmann 2002-2003
Teil der Diplomarbeit "Kontextualisierungskonventionen im Internet Relay Chat" (Originalfassung, Stand 2003) von Alexandra Schepelmann
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